Schutz vor Extremwetterereignissen ausbauen
In einer dringlichen Anfrage wollten Landwirtschaftssprecherin Christine Bösch-Vetter und Klimaschutzsprecher Christoph Metzler von Landesrat Christian Gantner wissen „ist das Land Vorarlberg für Katastrophenfälle ausreichend gerüstet?“. „Angesichts der Zunahme der Extremwetterereignisse in den letzten Jahren muss allen klar sein, dass Projekte wie das Hochwasserschutzvorhaben Rhesi und ähnliche mit aller Kraft vorangetrieben werden müssen und zwar besser gestern als heute“, fordern Bösch-Vetter und Metzler.
Klimaerhitzung in den Alpen deutlich stärker als im globalen Mittel
Die Klimaerhitzung in den Alpen ist in vollem Gange. Am Sonntag, 3. Juli 2022, ist an der Königin der Dolomiten, der Marmolata ein Stück Gletscher abgebrochen und hat als Eislawine Menschen in den Tod gerissen. In Kärnten wurden vergangene Woche ganze Ortschaften durch Überflutungen und Muren nach einem Starkregenereignis derart verwüstet, dass Zivilschutzalarm ausgelöst wurde und ein Mann in einer Schlammlawine starb. Und auch in Vorarlberg hielt in der Nacht von Montag auf Dienstag ein Starkregenereignis in unserem Oberland Bevölkerung und Rettungsorganisationen wach. 55 Feuerwehreinsätze waren erforderlich. Keller und Tiefgaragen wurden überflutet, in Schnifis ging eine Mure ab.
Mehr Extremwetterereignisse
Klimaerhitzung bedeutet meteorologisch gesehen nicht, dass es gleichmäßig wärmer wird, sondern dass wir hinkünftig vermehrt mit Wetterextremen zu tun haben. Die jeweilige Wetterlage wird stabiler. Das bedeutet, dass wir lange Hitze- und Trockenperioden und vermehrt Starkregenereignisse im Sommer haben werden, die Winter werden wärmer und damit regenreicher. Betonung liegt auf Regen, nicht auf Schnee. Der Frühling beginnt früher. Die Dauer der Vegetationsperiode verlängert sich.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
In Italien liegt der Wasserstand des Po aktuell 8 Meter unter dem Normalstand. Zu Beginn des Sommers, noch vor den trockenen Monate Juli und August. Auswirkung des Extrempegelstandes ist, dass Salzwasser aus der Adria 20 Kilometer ins Landesinnere fließt und in Felder und Grundwasser eindringt. „Hier zeichnet sich eine Katastrophe für die Landwirtschaft ab und zwar in einer der fruchtbarsten Gegenden der gesamten Europäischen Union. Hier wurde früher ein Drittel aller Landwirtschaftlichen Italiens produziert“, verdeutlicht Bösch-Vetter.
In Vorarlberg bedeutet die Verlängerung der Vegetationsperiode etwa einen früheren Anbau von Lebensmitteln, birgt gleichzeitig aber die Gefahr von Spätfrösten. Die Apfelblüte beginnt früher, die Kirschblüte auch, und mit einem Frost zur einem ungünstigen Zeitpunkt sind ganze Ernten vernichtet. Um Pfingsten hat der Hagel ganze Gemüseernten im Rheindelta vernichtet. „Auch bei uns kommen die klassischen Hagelmonate Juli und August erst. Wenn sogar der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger, erkennt, dass wir einen gänzlichen Systemwandel brauchen, dann frage ich wie lange es noch dauert, bis alle Entscheidungsträger:innen hier im Land die Zeichen der Zeit erkennen. Wir müssen unsere Böden, unser Wasser und unsere Wälder endlich entsprechend schützen, denn sie gehören uns nicht, sie sind nur geliehen“, appelliert Bösch-Vetter.
Gletscherschmelze in Vorarlberg
Auch Vorarlbergs Gletscher sind in großer Gefahr. Laut Informationen der Abteilung Wasserwirtschaft ist mit einem restlosen Abschmelzen der hiesigen Gletscher in wenigen Jahrzehnten zu rechnen. „Wir sprechen hier von einem Volumens Verlust von fast 90 Millionen Kubikmetern in 15 Jahren. Das entspricht dem Speichervolumen der gesamten Silvretta-Speicherseen (86,8 Millionen m³). Das löst eine entsprechende Instabilität unseres Klimas aus“ zeichnet Metzler auf. „Das gefährdet unser Trinkwasser, unser Grundwasser und die damit verbundene Nutzung, Bäche trockenen aus und Biodiversität geht verloren, und nicht zuletzt steigt auch die Häufigkeit von Hochwasserereignissen“.
RHESI Umsetzung muss stark beschleunigt werden
Jedes weitere Jahr, das die Vorarbeiten von RHESI noch in Anspruch nehmen, bevor endlich in die Umsetzung gegangen werden kann, ist ein Risiko für die Menschen, die entlang des Rheines leben. Was für die Bergregionen die Lawinenverbauung sind, ist für die Menschen entlang des Rheins der Hochwasserschutz. „Meine Heimatgemeinde Lustenau ist bereit zur Umsetzung von RHESI. Wir wissen, wohin wir den Trinkwasserbrunnen verlegen, wir wissen, wie wir unser Vorland gestalten, und wir wissen auch, was auf unsere Landwirtschaft zukommt. Vor allem aber wissen wir, dass der Preis, den wir für eine Überflutung unseres Ortes bezahlen würden, ist ein ungemein höherer wäre“, rechnet Bösch-Vetter vor.
Laut Anfragebeantwortung sieht das Land den Start der Genehmigungsverfahren auf beiden Seiten des Rheines für frühestens 2025 vor. Die Finanzierung sei ebenfalls noch nicht gesichert. „Wenn Corona eines gezeigt hat, dann, dass in Zeiten der Krise plötzlich alle Hebel in Bewegung gesetzt werden und Sachen in ungeahnter Geschwindigkeit umgesetzt werden können. Diese Kraftanstrengung brauchen wir für die Umsetzung dieses Schutzprojektes, wir können die Menschen entlang des Rheins nicht bis 2030 oder noch länger der ständigen Bedrohung durch das Hochwasser aussetzen“, schließen Metzler und Bösch-Vetter.