Runter vom Gas: Es ist höchste Zeit
Es ist kein Geheimnis, dass wir Grünen uns für Geschwindigkeitsreduktionen stark machen. Neben Tempo 100 auf der Autobahn wünschen wir uns innerorts Tempo 30
Die Argumente liegen auf der Hand, Tempo 30 ist ein gutes Mittel, um die Verkehrswende kommunal voranzutreiben. Die Umsetzung scheitert allerdings oft daran, dass wir als Gemeinden laut Straßenverkehrsordnung nicht die rechtlichen Mittel haben, das auch wirklich dort zu tun, wo der Gasfuß besonders intensiv qualmt.
Um diesem Missstand entgegenzuwirken, setzt sich der Verein „VCÖ: Mobilität mit Zukunft“ für eine verträgliche, gerechte und effiziente Gesetzesänderung ein. In den letzten Monaten sammelte er Unterstützungserklärungen in Gemeinden und Städten. Kommunen soll, laut der Petition, die Entscheidungshoheit über Tempo 30 innerhalb der Gemeindegrenzen übertragen werden. Dies soll vor allem auch für Landesstraßen auf Gemeindegebiet gelten. Für uns ist klar: Es ist eine gute Sache, wenn Gemeinden das Recht eingeräumt wird, an jenen Stellen innerorts die Geschwindigkeit zu drosseln, wo sie es am nötigsten erachten. Was sie letzten Endes mit diesem Recht machen, ist eine Frage, die in weiterer Folge geklärt werden muss.
Gerade in Bürs könnte durch eine Geschwindigkeitsreduktion auf der L82, die sich durchs Dorfzentrum schlängelt, viel Positives für die Bevölkerung erreicht werden. Es ist dies auch kein neues Thema: Schon seit vielen Jahren wird in der Gemeinde versucht, den Durchzugsverkehr im Dorf – immerhin über 7500 Fahrzeuge jeden Tag! – zu entschleunigen.
In der Gemeindevertretungssitzung vom 29. Juni entwickelte sich aus dieser spannenden Ausgangslage eine intensive Debatte über die Entscheidung, die Unterstützungserklärung zu unterschreiben. Argumente, die dagegen geäußert wurden, reichten von Sorgen über die Selbstverantwortung und Bevormundung der Fahrzeuglenker:innen bis hin zum Aufwand der Kontrolle und überbordender Beschilderung im Ortskern.
Im Sinne der Sicherheit und des Wohlergehens der Bevölkerung kann unserer Ansicht nach Tempo 30 nicht früh genug kommen. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Mehr Sicherheit nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer:innen von Jung bis Alt, z.B. durch kürzere Anhaltewege
- Verbesserung der Aufenthalts- und Lebensqualität im öffentlichen Raum
- Lärmreduktion (Motor- und Rollgeräusche)
- Erleichterung des Umstiegs auf sanfte Mobilität
- Demokratisierung durch tatsächliche Gleichberechtigung aller am Verkehr Teilnehmenden
- Verbesserung des Verkehrsflusses durch konstantere Fahrweise, bessere Übersicht und weniger Beschleunigungs- und Bremsvorgänge
- Neue Möglichkeiten für Straßengestaltung und Begrünung
Obwohl wir uns bewusst sind, dass Fragen der Mobilität emotional aufgeladen sind und dass es schwer ist, Kompromisslösungen zu finden, sind diese Argumente für uns schwerwiegender als jenes, das eine knappe Minute Zeitersparnis auf den Kilometer mit Tempo 50 versus Tempo 30 verspricht. Auch der Schilderwald könnte durch eine konsequentere Reduktion auf Tempo 30 abgebaut werden. Wir glauben zudem an die Fähigkeit der Menschen, ihr Verhalten an neue Vorschriften anzupassen, vor allem dann, wenn diese das Leben aller im Dorf nachweislich verbessern.
Die Abstimmung selbst ging mit 13 zu 9 Stimmen für die Unterzeichnung der Petition aus, was die unterschiedlichen Sichtweisen auf das kontroverse Thema Verkehrsberuhigung gut spiegelt. Als grüne Fraktion stimmten wir geschlossen für die Unterzeichnung.
Im Übrigen war die Initiative nirgends erfolgreicher als in Vorarlberg, wo sich 50 Gemeinden und die KEM Großes Walsertal für eine Unterstützung des Anliegens entschieden. Knapp 60% aller Gemeinden im Ländle sind also offiziell für das Recht, innerhalb der eigenen Grenzen das Tempo zu drosseln. Insgesamt schlossen sich in Österreich 228 Gemeinden den Forderungen an, um beim Gesetzgeber ein Einlenken in dieser Sache zu erreichen. Zusätzlich unterstützt wird der Wunsch vom Österreichischen Städtebund, dem Klimabündnis, dem Kinderbüro und der Radlobby.
Wer wissen will, ob die eigene Gemeinde ebenfalls unterschrieben hat, kann dies online hier herausfinden.